BGH, 18.02.2015 - VIII ZR 186/14: Zur Kündigung wegen Zigarettengeruchs im Treppenhaus
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich in seinem Urteil vom 18.02.2015 mit der Frage zu befassen, unter welchen Umständen einem langjährigen Mieter ein Wohnraummietverhältnis in einem Mehrfamilienhaus und Bürogebäude gekündigt werden kann, wenn es aus der Wohnung des rauchenden Mieters zu Zigarettengeruch im Treppenhaus und damit verbundenden Beeinträchtigungen anderer Mieter kommt.
Der Fall fand ein bundesweites Medienecho.
Es ging um einen - zum Zeitpunkt der BGH-Entscheidung - 75jährigen MIeter, der seit 40 Jahren in der Mietwohnung der Vermieterin in Düsseldorf lebt.
Unstreitig dürfte sein, auch nach den Presseberichten, dass es sich bei dem MIeter um einen (eher) starken Raucher handelt.
(Symbolbild Raucher)
Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis fristlos und hilfsweise fristgemäß, weil der MIeter dadurch, dass er seine Wohnung nicht ausreichend über das Fenster lüfte und seine Aschenbecher nicht leere, angebliche Geruchsbeeinträchtigungen (Zigarettengeruch) im Treppenhaus verursache.
Amts- und Landgericht gaben der Räumungsklage gegen den MIeter statt.
Der BGH hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Landgerichts zur weiteren Entscheidung zurück.
Der BGH ließ sich von folgenden Erwägungen leiten:
Der bloße Umstand, dass der Mieter in seiner Wohnung täglich 15 Zigaretten rauche, sei noch keine Vertragsverletzung:
"Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Beklagte seine mietvertraglichen Pflichten nicht schon dadurch verletzt, dass er in seiner Wohnung täglich 15 Zigaretten raucht. Denn eine (Individual-)Vereinbarung, dass dem Beklagten das Rauchen innerhalb seiner Wohnung nicht erlaubt ist, haben die Parteien nicht getroffen; ein dahingehendes gesetzliches Verbot besteht ebenfalls nicht." (Rdnr. 14)
Auch werde von der Klägerin (Vermieterin) im vorliegenden Prozess kein sog.
"'exzessives Rauchen', das zu Verschlechterungen der Wohnung führt, die sich mit normalen Schönheitsreparaturen nicht mehr beseitigen lassen," (Rdnr. 15)
und daher den vertragsgemäßen Gebrauch überschreitet und eine Schadensersatzpflicht des Mieters zur Folge haben kann, behauptet.
Zutreffend sei allerdings, dass ein rauchender MIeter aufgrund des mietvertraglichen Rücksichtnahmegebots gemäß § 241 Abs. 2 BGB gehalten sein könne,
"einfache und zumutbare Maßnahmen (etwa die Lüftung über die Fenster) zur Vermeidung einer Beeinträchtigung der Mitmieter zu ergreifen." (Rdnr. 16)
Eine Verletzung dieser Rücksichtnahmepflicht könne auch eine (kündigungsrelevante) Störung des Hausfriedens darstellen,
"insbesondere wenn die Intensität der Beeinträchtigungen ein unerträgliches und/oder
gesundheitsgefährdendes Ausmaß erreicht." (Rdnr. 16)
Soweit das Berufungsgericht allerdings zu Lasten des beklagten Mieters kündigungsrelevante Feststellungen getroffen habe, seien ihm mehrfach Verfahrensfehler unterlaufen.
Es sei unter anderem zu Unrecht von einem Geständnis des Beklagten ausgegangen, habe keinen Augenschein eingeholt und sei auch nicht etwaigen anderweitigen Ursachen für die angebliche Geruchsbelästigung im Treppenhaus auf den Grund gegangen.
Nach Auffassung des BGH hätte das Berufungsgericht hinsichtlich anderweitiger, "nach der Lebenserfahrung naheliegender" Ursachen im vorliegenden Fall von sich aus, d.h. auch ohne entsprechenden ausdrücklichen Vortrag des Beklagten, tätig werden müssen:
"Deshalb musste das Berufungsgericht - selbst ohne entsprechenden ausdrücklichen Vortrag des Beklagten - nach der Lebenserfahrung naheliegende andere und nicht vom Beklagten zu verantwortende Ursachen der Geruchsbelästigung in Betracht ziehen. Dies drängte sich schon deshalb auf, weil ein Herrühren mehr als nur sporadischer Geruchsbelästigungen im Treppenflur allein durch das Öffnen der Wohnungstür beim Verlassen und Betreten der Wohnung - wie dargelegt - zumindest nicht besonders plausibel oder wahrscheinlich erscheint, sondern auch auf einen unzureichenden Abschluss der Wohnung zum Treppenhaus und damit auf einen grundsätzlich in der Sphäre der Klägerin liegenden Dichtigkeitsmangel der Wohnungstür hindeuten kann." (Rdnr. 26)
Auch fehle es an genauen Feststellungen des Berufungsgerichts, wer überhaupt in welcher Weise durch das angebliche Fehlverhalten des Mieters beeinträchtigt sei.
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))