AG München, 23.09.2015 - 485 C 5977/15 WEG: Zur Taubenfütterung auf Balkon einer Eigentumswohnung
Das Amtsgericht (AG) München entschied mit Urteil vom 23.09.2015, dass das Anlocken und Füttern von Tauben auf dem Balkon einer Eigentumswohnung von Gesetzes wegen verboten ist und in der Regel zu einem Unterlassungsanspruch der Eigentümergemeinschaft führt.
Im entschiedenen Fall hatte der Beklagte, ein Mitglied einer Münchener Wohnungseigentümergemeinschaft, auf dem zu seiner Eigentumswohnung gehörenden Balkon Wassergefäße als Vogeltränken aufgestellt, an der Decke Meisenknödel sowie einen kleinen Behälter mit Käsestreifen und Sonnenblumenkernen aufgehängt und in den Blumenkästen Rosinen als Vogelfutter ausgelegt. Auf seinem Balkon hielten sich täglich Tauben in großer Anzahl auf.
Die Hausordnung der Wohnungseigentümergemeinschaft enthielt in § 5 unter anderem folgende Regelung:
"Das Füttern von Tauben und Möwen auf dem Grundstück oder von Wohnungen aus ist nicht gestattet."
Von Seiten der Wohnungseigentümergemeinschaft wurde vom Beklagten verlangt, das Füttern der Tauben zu unterlassen. Es wurde unter anderem auf erhebliche Verunreinigungen durch Taubenkot, auch auf dem Hausdach, hingewiesen.
(Symbolbild)
Der Beklagte änderte sein Verhalten nicht. Die Eigentümergemeinschaft erhob Klage zum Amtsgericht.
Zu Recht, wie das Gericht laut Pressemitteilung ausführte. Dabei bestünde auch ein gesetzlicher Anspruch, das Taubenfüttern zu unterlassen:
"Die zuständige Richterin gab der Klage statt und verurteilte den Münchner es zu unterlassen, auf dem Balkon oder aus der Wohnung heraus verwilderte Tauben zu füttern und Tauben durch das Auslegen von Futter und Lebensmitteln anzulocken. Verstößt ein Wohnungseigentümer gegen die sich aus der bindenden Hausordnung ergebenden Pflichten, so stehen den beeinträchtigten anderen Eigentümern daher Unterlassungsansprüche zu, so das Gericht. Daneben hat die Eigentümergemeinschaft einen gesetzlichen Anspruch auf Unterlassen der Taubenfütterung." (Pressemitteilung)
Das Gericht wies auf insbesondere auf das Rücksichtnahmegebot des § 14 Nr. 1 WoEigG:
"Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet:
1. die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instand zu halten und von diesen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, daß dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst;"
hin:
"Das Gericht weiter: Der Beklagte verletzt das Rücksichtnahmegebot des § 14 WEG durch das (unstreitige) Auslegen von Vogelfutter, das Bereitstellen von Trinkwasserbehältern und das Aufstellen von Behältern, die sich zum Nisten und Brüten zumindest eignen. Durch diese Maßnahmen lockt der Beklagte Tauben in letztlich nicht kontrollierbarer Zahl an. Damit besteht nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht nur die konkrete Gefahr der vermehrten Beschmutzung auch des Gemeinschaftseigentums und des Sondereigentums anderer Wohnungseigentümer, sondern auch eine konkrete Gesundheitsgefährdung etwa durch von Tauben verbreitete Parasiten wie Taubenzecken und -flöhen oder durch Taubenkot. Dies ist allgemein bekannt und bedarf keines Beweises." (Pressemitteilung)
(Quelle: AG München, Urteil v. 23.09.2015, 485 C 5977/15 WEG; Pressemitteilung 72/16 v. 16.09.2016)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))