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  • AutorenbildFachanwalt für Mietrecht/WEG-Recht Michael Kügler

LG Stuttgart, 15.06.2016 - 38 O 10/16 KfH: Besichtigungsgebühr verstößt gegen Bestellerprinzip

Nach einem Urteil des Landgerichts (LG) Stuttgart vom 15.06.2016 darf ein Makler von Wohnungssuchenden für den Fall der Besichtigung einer angebotenen Mietwohnung keine Besichtigungsgebühr (hier: Geldpauschale von € 34,99 inkl. MWSt.) fordern.

Im entschiedenen Fall hatte ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen den Beklagten, der im Internet im Zusammenhang mit der Vermittlung von Wohnungen auftrat, auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten (€ 246,10) verklagt.

Hintergrund bildete der Umstand, dass der Beklagte von Wohnungssuchenden eine "Gebühr" von € 34,99 inkl. MWSt. für die Besichtigung erhob.

Symbolbild Wohnungsbesichtigung

(Symbolbild)

Die Klägerin sah darin unter anderen einen Verstoß gegen die zwingenden Bestimmungen des WoVermRG. Dort heisst es insbesondere in § 2 Abs. 1a:

"(1a) Der Wohnungsvermittler darf vom Wohnungssuchenden für die Vermittlung oder den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume kein Entgelt fordern, sich versprechen lassen oder annehmen, es sei denn, der Wohnungsvermittler holt ausschließlich wegen des Vermittlungsvertrags mit dem Wohnungssuchenden vom Vermieter oder von einem anderen Berechtigten den Auftrag ein, die Wohnung anzubieten (§ 6 Absatz 1)."

Dieses sog. "Bestellerprinzip" wurde durch das Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz – MietNovG) vom 21.04.2015 eingeführt und trat zum 01.06.2015 in Kraft (BGBl. I S. 610).

Der Beklagte bestritt, als Wohnungsvermittler oder Makler tätig zu sein. Er erbringe durch die Besichtigungen der Wohnung lediglich eine "Dienstleistung".

Das LG stellte sich auf die Seite der Klägerin.

Zunächst sei die Tätigkeit des Beklagten als Nachweistätigkeit gemäß § 1 Abs.1 WoVermRG anzusehen:

"Der Beklagte hat die Wohnungen zunächst im Internet beworben und diese bereits zu diesem Zeitpunkt im Hinblick auf Lage und Ausstattung beschrieben. Er hat sodann auf Anfragen von Wohnungsinteressenten diesen das Exposé übersandt und konkrete Besichtigungstermine angeboten (vgl. Anlage B1). Weiter trägt der Beklagte selbst vor, dass nach dem Besichtigungstermin dem Wohnungssuchenden die Kontaktdaten des Vermieters ausgehändigt würden, um den Kontakt mit dem Vermieter herzustellen und 'sich zu empfehlen'. Dieses Vorgehen erfüllt alle Voraussetzungen des Nachweises einer Gelegenheit zum Abschluss eines Mietvertrages.

Der Wohnungssuchende wird in die Lage versetzt, die Wohnung (durch Exposé und Besichtigung) konkret kennen zu lernen und durch Übermittlung der Daten des Vermieters mit diesem in Kontakt zu treten und in diesem Zuge Vertragsverhandlungen über die Wohnung aufzunehmen."

§ 1 Abs. 1 WoVermRG lautet:

"(1) Wohnungsvermittler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer den Abschluß von Mietverträgen über Wohnräume vermittelt oder die Gelegenheit zum Abschluß von Mietverträgen über Wohnräume nachweist."

Die Versuche des Beklagten, sich durch anderslautende Bezeichnungen (Stichwort: Dienstleister) dem Anwendungsbereich des WoVermRG entziehen zu wollen, waren somit vor dem LG nicht erfolgreich. Entscheidend sei nämlich (nur) die objektive Rechtslage:

"Weiterhin ist unbeachtlich, wie der Beklagte sein Vorgehen selbst verstanden haben will oder wie er es bezeichnet. Für die rechtliche Qualifikation als Nachweistätigkeit sind die objektiven Voraussetzungen maßgeblich, nicht, wie der Beklagte selbst sein Tätigwerden gegenüber den Wohnungssuchenden beschreibt (...). Insofern ist ohne Belang, dass der Beklagte in seinen Anzeigen und/oder Begleitschreiben darauf hinweist, er erbringe nur Dienstleistungen und sei kein Makler, zumal es auf den Maklerbegriff im Anwendungsbereich des WoVermRG ohnehin nicht ankommt."

Außerdem habe der Beklagte insbesondere auch gegen das "Bestellerprinzip" verstoßen:

"Da die Tätigkeit des Beklagten mithin als Nachweistätigkeit im Sinne des § 1 Abs.1 WoVermRG anzusehen ist, richtet sich die Frage seiner Vergütung im Zusammenhang mit der Vermittlung oder dem Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Wohnraummietverträgen nach den Regelungen des WoVermRG in seiner Fassung vom 21.04.2015.

Danach darf der Wohnungsvermittler vom Wohnungssuchenden für die Vermittlung oder den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume kein Entgelt fordern, sich versprechen lassen oder annehmen, es sei denn, der Wohnungsvermittler holt ausschließlich wegen des Vermittlungsvertrags mit dem Wohnungssuchenden vom Vermieter oder von einem anderen Berechtigten den Auftrag ein, die Wohnung anzubieten (§ 2 Abs.1a WoVermRG, sog. 'Bestellerprinzip').

Dass vorliegend den Vermittlungsleistungen des Beklagten ein Auftrag des Wohnungssuchenden vorausgegangen ist, hat der Beklagte weder geltend gemacht, noch ist dies sonst ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass dem Beklagten die Wohnung von Vermieterseite 'an die Hand gegeben' wurde, da der Beklagte ansonsten außer Stande gewesen wäre, Einzelheiten zum Wohnobjekt bekannt zu geben oder gar einen Besichtigungstermin durchzuführen. Außerdem verfügte der Beklagte nach eigenen Angaben über die Kontaktdaten des Vermieters. Läge kein Auftrag des Vermieters vor, hätte der Beklagte zudem gegen § 6 Abs.1 WoVermRG verstoßen."

(Quelle: LG Stuttgart, Urteil v. 15.06.2016, 38 O 10/16 KfH)

(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))


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