BAG, 26.07.2016 - 1 AZR 160/14: Gewerkschaft haftet bei schuldhafter Verletzung der Friedenspflicht
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte sich in einem Urteil vom 26.07.2016 mit der Frage der Haftung einer Gewerkschaft bei schuldhafter Verletzung der in einem Tarifvertrag vereinbarten Friedenspflicht zu befassen.
Hintergrund der Entscheidung bildete ein Streik der GdF (Gewerkschaft der Flugsicherung). Dieser Streik hatte am 16.02.2012 begonnen und endete aufgrund einer gerichtlichen Unterlassungsverfügung am 29.02.2012.
Der Streik richtete sich gegen die Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens (Fraport AG).
GdF und Fraport AG hatten ursprünglich einen Tarifvertrag für die Beschäftigten in der Vorfeldkontrolle und Verkehrszentrale abgeschlossen. Die Regelungen in den §§ 5 bis 8 des Tarifvertrags waren erstmalig zum 31.12.2017 kündbar, die übrigen Regelungen bereits zum 31.12.2011.
Nach entsprechender Teilkündigung (d.h. Kündigung ohne die Regelungen der noch nicht kündbaren §§ 5 bis 8) durch die GdF zum 31.12.2011 verhandeten GdF und Fraport AG über einen neuen Tarifvertrag. Es kam zu einem Schlichtungsverfahren, welches mit einer Schlichterempfehlung endete. Diese Empfehlung enthielt entsprechend den Verhandlungen auch Ergänzungen zu dem noch ungekündigten - und damit der Friedenspflicht unterliegenden - Teil des Tarifvertrags.
(Symbolbild)
Unter dem 15.02.2012 kündigte die GdF gegenüber der Fraport AG an, einen Streik mit dem Ziel der Durchsetzung der Schlichterempfehlungen zu starten.
Mit ihrer Klage verlangte die Fraport AG von der GdF Ersatz der ihr durch den Streik entstandenen Schäden.
In den Vorinstanzen unterlag die Klägerin. Vor dem BAG hatte sie indes Erfolg:
Das BAG führte aus, dass der Streik als einheitliche und unteilbare Handlung anzusehen sei. Da der Streik zumindest teilweise auch auf die Durchsetzung von Forderungen gerichtet war, die noch der Friedenspflicht unterlagen, sei er insgesamt rechtswidrig. Der Einwand der GdF, sie hätte denselben Streik auch ohne die noch der Friedenspflicht unterfallenden Bestimmungen geführt, sei rechtlich unbeachtlich. Da die GdF auch schuldhaft gehandelt habe, hafte sie der Fraport AG aus Delikt und Vertragsverletzung auf Schadensersatz. Zur Feststellung der Höhe dieses Schadensersatzes wurde der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht (LAG) zurückverwiesen.
(Quelle: BAG, Urteil v. 26.07.2016, 1 AZR 160/14; Pressemitteilung Nr. 38/16)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))