LAG Schleswig-Holstein, 22.09.2015 - 1 Sa 48 a/15: Zur ordnungsgemäßen Einladung für ein bEM
Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Schleswig-Holstein vom 22.09.2015 ist ein vor Ausspruch einer ordentlichen Kündigung erfolgtes Angebot eines Arbeitgebers auf Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) nur dann ordnungsgemäß, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer genau mitteilt, welche Daten erhoben und gespeichert und für welche Zwecke sie dem Arbeitgeber zugänglich gemacht werden.
Das LAG berief sich ausdrücklich auf die Entscheidung des BAG, Urteil v. 20.11.2014, 2 AZR 755/13.
Ohne ein ordnungsgemäßes Angebot auf Durchführung eines BEM träfen den Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess des Arbeitnehmers gegen eine krankheitsbedingte Kündigung empfindliche prozessuale Nachteile: Der Arbeitgeber müsse nämlich dann umfassend darlegen, warum die Durchführung eines BEM nicht erfolgversprechend gewesen wäre. Gelänge dies nicht, dürfte die krankheitsbedingte Kündigung unwirksam sein.
Im zugrundeliegenden Rechtsstreit ging es um eine krankheitsbedingte Kündigung eines langjährig tätigen Lagerarbeiters.
Es lagen nicht unerhebliche Krankheitszeiten vor.
Schließlich hatte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu einem BEM eingeladen. Der Arbeitnehmer lehnte mit dem Hinweis ab, dass er zur Zeit kein BEM-Gespräch führen wolle und bei Bedarf auf das Integrationsteam des Arbeitgebers zukomme.
Schließlich erklärte der Arbeitgeber - unter Widerspruch des Betriebsrates - die Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
(Symbolbild)
Im Prozess wies der Arbeitgeber unter anderem daraufhin, dass der Arbeitnehmer das BEM ausdrücklich abgelehnt habe.
Das LAG führte insoweit aus, dass den Arbeitgeber im vorliegenden Falle hinsichtlich der Frage alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten eine gesteigerte Darlegungslast treffe. Denn der Arbeitgeber habe die Durchführung eines BEM unterlassen, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 84 Abs. 2 SGB IX (Sozialgesetzbuch Teil IX) vorlagen.
Insbesondere war der Kläger seit 2010 jedes Jahr länger als sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt.
Die Initiative zur Durchführung des BEM läge beim Arbeitgeber.
Dieser müsse dem Arbeitnehmer mitteilen, welche Krankheitsdaten als sensible Daten erhoben und gespeichert und inwieweit und für welche Zwecke sie dem Arbeitgeber zugänglich gemacht werden. Im vorliegenden Falle enthalten das entsprechende arbeitgeberseitige Schreiben allerdings keinen Hinweis zur Datenerhebung und Datenverwendung.
(Quelle: LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 22.09.2015, 1 Sa 48 a/15)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))