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  • AutorenbildFachanwalt für Arbeitsrecht Michael Kügler

LAG Frankfurt/Main, 21.05.2021 - 16 TaBVGa 79/21: Corona - Zur Videokonferenz des Betriebsrats

Befristet bis zum 30.06.2021 hatte der Gesetzgeber aus Anlass der Corona-Pandemie die Sondervorschrift des § 129 BetrVG a.F. geschaffen, die u.a. dem Betriebsrat die Möglichkeit eröffnete, unter bestimmten Bedingungen Sitzungen mittels Video- und Telefonkonferenz abzuhalten.


(Hinweis: In eingeschränkter Form wurde die entsprechende Bestimmung übrigens ab 01.07.2021im neu gefassten § 30 BetrVG "Corona-unabhängig" fortgeführt.)


Die Durchführung von Sitzungen mittels Video- und Telefonkonferenz erfordert eine bestimmte sächliche Ausstattung.


Symbolbild Videokonferenz

(Symbolbild)


Auch hierüber können sich die Betriebsparteien in Streit geraten.


So hatte das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG Frankfurt/Main) mit Beschluss vom 21.05.2021 in einem Eilverfahren zu entscheiden. Es verpflichtete den Arbeitgeber,


"im Wege der einstweiligen Verfügung [...], dem Antragsteller [= Betriebsrat] drei funktionsfähige, handelsübliche, dem gegenwärtigen technischen Standard entsprechende Tablets oder Notebooks mit Internetzugang bis zum 30. Juni 2021 unentgeltlich zur Verfügung zu stellen."


Die Arbeitgeberin war ein Textilhandelsunternehmen mit ca. 3500 Beschäftigten und ca. 70 Filialen in Deutschland.


Antragsteller war der in einer Filiale gebildete, dreiköpfige Betriebsrat.


Die betreffende Filiale war Corona-bedingt zeitweise vollständig geschlossen, teilweise im Rahmen von "Click und Collect" bzw. "Click und meet" geöffnet.


Der Betriebsrat verlangte von der Arbeitgeberin, ihm entsprechende Kommunikationsmittel für die Abhaltung von Videokonferenzen zur Verfügung zu stellen.


Schließlich beschritt der Betriebsrat den Rechtsweg.


Das LAG entschied, wie oben wiedergegeben.


Es verwies auf § 40 BetrVG. Demnach gilt:


"(1) Die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber.

(2) Für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung hat der Arbeitgeber in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen."


Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) habe der Betriebsrat selbst zu prüfen, ob ein bestimmtes Sachmittel für seine Arbeit erforderlich ist. Dabei habe er auch die Interessen des Arbeitgebers mit zu berücksichtigen.


Dem Arbeitsgericht verbleibe dann nur noch eine eingeschränkter Prüfungsumfang. Demnach sei die Entscheidung des Betriebsrats vorliegend nicht zu beanstanden:


"Diese ist auf die Prüfung beschränkt, ob das verlangte Sachmittel aufgrund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats dient und der Betriebsrat bei seiner Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern auch berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat. Dient das jeweilige Sachmittel der Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben und hält sich die Interessenabwägung des Betriebsrats im Rahmen seines Beurteilungsspielraums, kann das Gericht die Entscheidung des Betriebsrats nicht durch seine eigene ersetzen (Bundesarbeitsgericht 18. Juli 2012 -7 ABR 23/11- Rn. 20)."


Und weiter:


"Bei Anwendung dieser Grundsätze kann der Betriebsrat die Überlassung von 3 Tablets oder Notebooks mit Internetzugang bis 30. Juni 2021 vom Arbeitgeber verlangen. § 129 Abs. 1 BetrVG sieht vor, dass die Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats sowie die Beschlussfassung mittels Video-und Telefonkonferenz erfolgen kann, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Der Betriebsrat benötigt die streitgegenständliche Technik, um von dieser Regelung Gebrauch machen zu können. Hierbei unterliegt es dem Beurteilungsspielraum des Betriebsrats, ob er seine Sitzungen (wie bisher) als Präsenzsitzungen oder mittels Videokonferenz durchführen möchte. Ein Vorrang von Präsenzsitzungen gegenüber Videokonferenzen besteht nicht. Vielmehr enthält § 129 BetrVG eine zusätzliche Option für den Betriebsrat (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg 13. Oktober 2020 -26 TaBVGa 1281/20- Rn. 51; Arbeitsgericht Köln 24. März 2021 -18 BVGa 11/21- Rn. 26). Bei seiner Abwägung geht es dem Betriebsrat erkennbar darum, das nach wie vor bestehende Ansteckungsrisiko mit Covid-19 so gering wie möglich zu halten und deshalb Betriebsratssitzungen (auch) mittels Videokonferenzen abzuhalten."


(Hinweis: § 30 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG spricht ab 01.07.2021 von einem "Vorrang der Präsenzsitzung".)



(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Kassel)

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