Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht Michael Kügler
PTB-Zwischenstand 12.03.21 zum Messgerät LEIVTEC XV3: Hinweise auf mutmaßliche Messungenauigkeiten?
Geschwindigkeitsüberschreitungen im Straßenverkehr stellen ein häufig zu beobachtendes Phänomen dar.
Unter der Annahme, dass die verletzten Geschwindigkeitsbegrenzungen einem legitimen Zweck dienen, insbesondere die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs gewährleisten sollen, ist nachvollziehbar, dass verschiedene staatliche Stellen Maßnahmen ergreifen, um solche Geschwindigkeitsüberschreitungen zu verfolgen und zu ahnden.
Maßgeblich wird dies durch spezialisierte Bußgeldstellen durchgeführt.
Ausgangspunkt der Tätigkeit dieser Behörden bildet die Ermittlung der gefahrenen Geschwindigkeit, und zwar in rechtssicherer Weise.
Hierfür werden auf dem Markt von spezialisierten Herstellern entsprechende Messeinrichtungen (regelmäßig mit Dokumentationseinheiten) angeboten.
(Symbolbild)
Vor dem Hintergrund des Umstands, dass die Aufklärungs- und Feststellungspflichten der Fachgerichte bei der Verfolgung von bußgeldbewehrten Geschwindigkeitsüberschreitungen wegen ihres Massencharakters dann reduziert sind, wenn den Messungen sog. standardisierte Messverfahren zugrundeliegen, spielt eben diese Standardisierung in der Praxis eine ausschlaggebende Rolle.
Standardisierung bedeutet hierbei - vereinfacht ausgedrückt -, dass das Messgerät eines bestimmten Typs unter gleichen Bedingungen (Bedienungsanleitung) gleich (zuverlässige) Messwerte liefert. Dies wird in entsprechenden Test von Fachleuten vorab überprüft.
Der Richter muss dann in einer Bußgeldverhandlung - vereinfacht formuliert - zur Überprüfung der Messung nicht stets einen Sachverständigen hinzuziehen, sondern kann sich regelmäßig für seine Überzeugungsbildung insoweit darauf beschränken, das verwendete standardisierte Messverfahren, den angezeigten Geschwindigkeitswert und den vorgeschriebenen Fehlerabzug festzustellen.
Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Braunschweig und Berlin bringt hierbei ihren behördlichen Sachverstand bei der Beurteilung der Messverfahren im Vorfeld mit ein.
So wurde auch das Messverfahren LEIVTEC XV3 als standardisiertes Messverfahren bewertet. Auf der Herstellerseite findet sich ein Link auf die entsprechende PTB-Zulassung.
Allerdings ändert auch eine ursprüngliche Zulassung durch die PTB nichts daran, dass Messverfahren im praktischen Einsatz Schwächen offenbaren können und/oder der Kritik von Fachleuten ausgesetzt werden. Dies ist für sich genommen nicht ungewöhnlich.
Im Zusammenhang mit LEIVTEC XV3 ergibt sich aber nunmehr dadurch eine besondere Lage, dass kürzlich die PTB selbst auf "mutmaßliche Messwertabweichungen" aufmerksam gemacht hat (Zwischenstand im Zusammenhang mit mutmaßlichen Messwertabweichungen beim Geschwindigkeitsüberwachungsgerät Leivtec XV3. Stand: 12. März 2021/ Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Braunschweig und Berlin. DOI: 10.7795/520.20201215). Im dortigen Nachtrag vom 12.03.2021 heißt es auszugsweise:
"Am 09.03.2021 erlangte die PTB nun Kenntnis über weitere Versuche von Sachverständigen, die zeigen, dass es darüber hinaus spezielle Szenarien gibt, bei denen es auch unter den Regeln der ergänzten Gebrauchsanweisung zu unzulässigen Messwertabweichungen kommen kann.
Die PTB hat daraufhin umgehend den Hersteller und die zuständigen Stellen der Markt- und Verwendungsaufsichtsbehörden informiert und mit intensiven eigenen Versuchen begonnen. Die Ergebnisse stehen noch aus."
(Quelle: BTP, Zwischenstand, Stand 12.03.2021, aaO.)
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