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  • AutorenbildRechtsanwalt Michael Kügler

BGH, 17.12.2008 - VIII ZR 159/07: Zum Ausgleichsanspruch eines Tankstellenhalters

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte am 17.12.2008 über den Ausgleichsanspruch eines Tankstellenhalters zu entscheiden.

Dieser hatte einen Teil seiner Kunden - entgegen einer Weisung des Mineralölunternehmens, für welches der Tankstellenhalter den Kraftstoff vertrieb - Kraftstoff auf Rechnung verkauft, d.h. im Ergebnis auf Darlehensbasis überlassen.

Das Mineralölunternehmen hatte diese Vorgehensweise zum Anlass für eine fristlose Kündigung des Tankstellen-Verwalter-Vertrages genommen. In der Folge stritten die Parteien nicht nur über die Wirksamkeit dieser Kündigung, sondern auch um damit verbundene weitere Ansprüche und deren Verrechnung bzw. Aufrechnung.

Symbolbild Zapfpistolen

(Symbolbild)

Insbesondere machte der Tankstellenhalter gegenüber dem Mineralölunternehmen einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB geltend. Dort heisst es (auszugsweise):

"(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit

1.

der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und

2.

die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.

Der Werbung eines neuen Kunden steht es gleich, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht."

Der BGH verneinte im vorliegenden Fall eine Berechtigung des Mineralölunternehmens zur fristlosen Kündigung aufgrund vertragswidrigen Verhaltens des Tankstellenhalters und somit auch einen Ausschluss des Ausgleichsanspruchs gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB:

"(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn

...

2.

der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder

..."

Somit war dem Grunde nach ein Ausgleichsanspruch geschuldet.

Im Streit stand allerdings auch dessen Höhe. Insoweit griff das Mineralölunternehmen die Schätzung des Stammkundenanteils am Gesamtumsatz des Tankstellenpächters an.

Hierzu führte der BGH aus (Hervorhebung nicht im Original):

"Der Berechnung des Ausgleichsanspruchs eines Tankstellenhalters nach § 89b HGB ist die letzte Jahresprovision im Kraft- und Schmierstoffgeschäft zugrunde zu legen und davon nur der Teil zu berücksichtigen, den der Tankstellenhalter für Umsätze mit von ihm geworbenen Stammkunden erhalten hat, weil nur mit diesen Kunden eine Geschäftsverbindung im Sinne des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB besteht. ... Als Stammkunden sind alle Mehrfachkunden anzusehen, die innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur einmal ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden. .... Dies ist in Bezug auf Tankstellenkunden im Allgemeinen dann zu bejahen, wenn diese mindestens vier Mal im Jahr – also durchschnittlich wenigstens ein Mal pro Quartal – bei der gleichen Tankstelle getankt haben." (Rdnr. 35)

Und zur Ermittlung des Stammkundenanteils (Stammkunden-Schätzung):

"Als Quelle für die Ermittlung solcher Mehrfachkunden an einer bestimmten Station kommen insbesondere Belege über Zahlungsvorgänge mit Kreditkarten oder vergleichbaren Karten (z.B. EC-Karten) in Betracht. Diese Belege können daraufhin ausgewertet werden, ob mit den Karten in einem bestimmten Zeitraum mehrfach getankt wurde, so dass sich der Umsatzanteil der Mehrfachkunden am Gesamtumsatz der Kartenkundschaft für einen bestimmten Zeitraum errechnen lässt. Auf dieser Grundlage kann eine auf die konkreten Verhältnisse im letzten Vertragsjahr bezogene Schätzung erfolgen, bei der der Stammkundenumsatzanteil innerhalb der Kartenkunden auf den Gesamtumsatz hochgerechnet wird, falls keine Anhaltspunkte dafür sprechen, dass dieses Verhältnis bei den anonymen Barzahlern wesentlich anders ist als innerhalb der Kartenkundschaft." (Rdnr. 36)

(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))


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