Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Kügler
SG Karlsruhe, 27.10.2015 - S 4 U 1189/15: Kein Versicherungsschutz auf dem Weg in die Raucherpause
Nach einer Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe (SG Karlsruhe) vom 27.10.2015 besteht bei einem Gang zur Raucherpause kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die Klägerin, eine Monteurin, wurde auf dem Betriebsgelände von einem Gabelstapler erfasst und quetschte sich den rechten Fuß. In der Unfallsofortmeldung des Arbeitgebers an die gesetzliche Unfallversicherung war angegeben, dass die Klägerin sich zum Rauchen nach draußen begeben wollte.
Die beklagte Unfallversicherung teilte daher mit, dass eine Behandlung nicht zu ihren Lasten erfolgen könne, da es sich bei dem Gang zur Raucherpause nicht um eine betrieblich versicherte Tätigkeit handelt. Die Klägerin erhielt einen entsprechenden Ablehnungsbescheid, gegen den sie Widerspruch einlegte.
Sie behauptete, dass es sich entgegen der Angaben des Arbeitgebers um einen Gang zur Toilette gehandelt habe.
Die beklagte Unfallversicherungsversicherung hielt an ihrer Auffassung fest und erließ ablehnenden Widerspruchsbescheid. Hiergegen erhob die Klägerin Feststellungsklage.
Das SG Karlsruhe folgte der Rechtsauffassung der beklagten Unfallversicherung:
Bei einem Gang zur Toilette hatte zwar Versicherungsschutz bestanden:
"Etwas anderes gilt für den Gang zur Toilette mit dem Ziel, die Notdurft zu verrichten, weil der Versicherte durch die Anwesenheit auf der Betriebsstätte gezwungen ist, seine Notdurft an einem anderen Ort zu verrichten, als er dies von seinem häuslichen Bereich aus getan hätte. Zudem handelt es sich bei der Notdurft anders als bei der Zigarettenpause um eine regelmäßig unaufschiebbare Handlung, die der Fortsetzung der Arbeit direkt im Anschluss daran dient und somit auch im mittelbaren Interesse des Arbeitgebers liegt (BSG, Urteil vom 06.12.1989 - 2 RU 5/89 - SozR 2200 § 548 Nr. 97; Bereiter-H./Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Handkomm., Stand April 2014, § 8 Rn. 7.34; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juli 2015 – L 6 U 526/13 –, Rn. 46, juris)." (Rdnr. 23)
(Symbolbild)
Die Klägerin habe aber, wofür sie die Feststellungslast träfe, nicht beweisen können, dass sie auf dem Weg zur Toilette war. Denn die Versicherte
"trägt die Beweislast dafür, dass es sich um einen Betriebsweg handelt." (Rdnr. 27)
Hier war aber das Gericht der Auffassung, dass zahlreiche Indzien gegen einen Gang zur Toilette sprächen. Unter anderem wurde bei dem Vorfall auch eine Zigarettenschachtel der Klägerin auf dem Boden geschleudert. Gleich zwei Zeugen hatten zumindest anfänglich von einem Weg zur Raucherpause gesprochen.
Für einen Weg zum Rauchen scheide aber der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung aus:
"Außerdem kann bei der eventuell beabsichtigten Zigarettenpause auch nicht mehr von einer nur geringfügigen und daher im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung unbeachtlichen Arbeitsunterbrechung die Rede sein. Die Klägerin hätte im Falle einer Zigarettenpause ihren Arbeitsbereich für einen nicht geringen Zeitraum verlassen und sich aus privater Absicht an einen anderen Ort mit anderen spezifischen Gefahren begeben. Ein Fortbestehen des Unfallversicherungsschutzes unter dem Gesichtspunkt einer kurzfristigen Arbeitsunterbrechung könnte daher nicht angenommen werden (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09. Juli 2003 – L 17 (15) U 300/01 –, Rn. 24, juris; vgl. auch Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. April 2008 – L 17 U 131/07 –, Rn. 23, juris)." (Rdnr. 41)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael KÜgler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))