BGH, 07.03.2007 - VIII ZR 247/05: Zu den Anforderungen an mietrechtliche Quotenabgeltungsklauseln
Der - für Fragen des Wohnraummietrechts zuständige - VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hatte sich in seinem Urteil vom 07.03.2007 mit der Frage der Wirksamkeit mietrechtlicher Quotenabgeltungsklauseln zu befassen.
Im entschiedenen Fall lautete die im Streit stehende Klausel eines Formularmietvertrages wie folgt:
"§ 4 Mietzins, Nebenkosten und Schönheitsreparaturen ...
6. Der Mieter ist verpflichtet, die während des Mietverhältnisses anfallenden Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchzuführen (vgl. § 13).
Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht und wie folgt auszuführen: Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen.
Endet das Mietverhältnis und sind zu diesem Zeitpunkt Schönheitsreparaturen noch nicht fällig, so ist der Mieter verpflichtet, die Kosten für die Schönheitsreparaturen aufgrund eines Kostenvoranschlages eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachgeschäftes an den Vermieter nach folgender Maßgabe zu bezahlen. Liegen die letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit länger als 1 Jahr zurück, so zahlt der Mieter 20 % der Kosten aufgrund eines Kostenvoranschlages eines Malerfachgeschäftes an den Vermieter, liegen sie länger als 2 Jahre zurück 40 %, länger als 3 Jahre 60 %, länger als 4 Jahre 80 %; dem Mieter ist es unbenommen, seiner anteiligen Zahlungsverpflichtung dadurch zuvorzukommen, dass er vor dem Ende des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen in kostensparender Eigenarbeit fachgerecht ausführt oder ausführen lässt.
...
§ 13 Gebrauch der Mieträume, Schönheitsreparaturen
1. Im Allgemeinen werden Schönheitsreparaturen in den Mieträumen in folgenden Zeitabständen erforderlich:
in Küchen, Bädern und Duschen alle 3 Jahre,
in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle 5 Jahre,
in anderen Nebenräumen alle 7 Jahre.
..." (Rdnr. 2)
(Symbolbild)
Die obigen Klauseln sehen vor, dass bei Beendigung des Mietverhältnisses noch nicht fällige Schönheitsreparaturen (ggf.) finanziell abzugelten sind, und zwar nach den genannten, prozentualen Quoten.
Der BGH erklärte die vorbezeichnete Quotenabgeltungsklausel allerdings für unwirksam:
"... Der vom Mieter zu zahlende Betrag ist dabei allein nach dem Zeitablauf seit der letzten Renovierung gestaffelt und jeweils in einem festen Prozentsatz der Kosten angegeben, die sich aus einem vom Vermieter einzuholenden Kostenvoranschlag eines Malerfachgeschäftes ergeben. Eine Berücksichtigung des tatsächlichen Erhaltungszustands der Wohnung sieht die Klausel nicht vor; es handelt sich deshalb um eine Abgeltungsklausel mit 'starrer' Berechnungsgrundlage."
Der BGH arbeitet dann heruas, dass Klauseln mit "starrer Berechnungsgrundlage den Mieter auch dann zu einer Abgeltung verpflichten können, wenn tatsächlich augrund geringerer Abnutzung der Wohnung kein oder nur ein geringerer Renovierungsbedarf besteht, als der "starren" Quote entsprechend. In diesen Fällen müsste der Mieter als über die "starre" Quote mehr bezahlen, als tatsächlich abgenutzt wurde:
"bb) Eine Formularklausel, die den Mieter zur zeitanteiligen Abgeltung von Renovierungskosten nach einer 'starren', an einem Fristenplan ausgerichteten Berechnungsgrundlage verpflichtet, ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (Senatsurteil vom 18. Oktober 2006, aaO). Eine derartige Klausel benachteiligt den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil sie eine Berücksichtigung des tatsächlichen Erhaltungszustandes der Wohnung nicht zulässt und deshalb dazu führen kann, dass der Mieter - gemessen am Abnutzungsgrad der Wohnung und der Zeitspanne bis zur Fälligkeit der Schönheitsreparaturen - eine übermäßig hohe Abgeltungsquote zu tragen hat und dadurch insoweit auch zur zeitanteiligen Abgeltung zukünftiger Instandhaltungskosten verpflichtet wird;"
Die Ausführungen des BGH nehmen Bezug auf die für AGB (Formularklauseln) geltenden Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB, insbesondere § 307 BGB.
"eine solche Regelung ist mit dem Grundgedanken des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB unvereinbar und deshalb als Formularklausel unwirksam." (Rdnr. 14 f.)
Der BGH störte sich an dem Umstand, dass Klauseln mit "starrer" Berechnungsgrundlage nicht den tatsächlichen Zustand der Wohnung berücksichtigen. Es könnte daher zu der Situation kommen, dass sich die Mietwohnung noch in einem besseren Zustand befindet, als es die starre Quote erwarten lassen würde.
Der Mieter müsste dann - wirtschaftlich betrachtet - auch für solche Abnutzungen eine Abgeltung bezahlen, die tatsächlich noch gar nicht eingetreten sind.
Nun könnte der Vermieter natürlich auf den Gedanken kommen, im konkreten Fall den Abgeltungsbetrag nicht nach der "starren" Quote, sondern nach dem (vom Vermieter behaupteten) tatsächlichen Abnutzungsgrad zu bestimmen. Der Vermieter würde also gleichsam aus der Quotenabgeltungsklausel diejenigen Regelungsbestandteile streichen, die "starr" sind.
Eine solche Vorgehensweise ist nach der Auffassung des BGH indes nicht möglich:
Denn die Unwirksamkeit der "starren" Berechnungsgrundlage ergreife die gesamte Quotenabgeltungsklausel. Eine teilweise Aufrechterhaltung sei nicht möglich:
"Die in § 4 Nr. 6 des Mietvertrags enthaltene Abgeltungsklausel ist insgesamt unwirksam. Eine teilweise Aufrechterhaltung der Klausel scheidet aus, weil ohne die darin angegebenen feststehenden Fristen und Prozentsätze schon sprachlich keine eigenständige Regelung verbliebe und deshalb eine auf eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion hinauslaufende Umformulierung erforderlich wäre (vgl. Senatsurteil vom 18. Oktober 2006, aaO, unter II 2 c)." (Rdnr. 16)
Das sog. "Verbot der geltungserhaltenden Reduktion" - ein wichtiger Grundsatz aus dem Recht vorformulierter Geschäftsbedingungen - versagt dem Vermieter also jede Möglichkeit, im vorliegenden Fall noch zu einer Abgeltung zu kommen.
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))
Anmerkung:
Mit Urteil v. 18.03.2015 stellte der BGH fest, dass formularvertragliche Quotenabgeltungsklauseln auch dann unwirksam sind, wenn sie keine starren Quoten beinhalten.