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  • AutorenbildFachanwalt für Mietrecht/WEG-Recht Michael Kügler

BGH, 22.01.2014 - VIII ZR 135/13: Zur Opfergrenze des Vermieters bei Mangelbeseitigungsanspruch

Der - für Fragen des Wohnraummietrechts zuständige - VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hatte sich einem Beschluss gemäß § 552a ZPO vom 22.01.2014 mit der Frage zu befassen, ob dem Mangelbeseitigungsanspruch des Mieters (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB) auf Seiten des Vermieters die Einrede des § 275 Abs. 2 BGB ("Opfergrenze") entgegenstand.

§ 275 Abs. 2 BGB lautet:

"(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat."

Im entschiedenen Fall bewohnte der Mieter eine Wohnung, deren Fenster von Küche und Bad durch eine Baumaßnahme der Vermieterin (Errichtung eines Anbaus) verschlossen wurden.


Symbolbild Bau

(Symbolbild)

Zugunsten des Mieters war davon auszugehen, dass es sich bei dem Anbau um eine vorsätzliche mietvertragswidrige Gebäudeerrichtung handelte.

In einem Prozess zwischen Vermieterin und Mieter verlangte dieser widerklagend die Herstellung eines Mindestabstands von drei Metern zwischen den beiden Gebäuden.

Das Berufungsgericht hatte die Widerklage abgewiesen:

"Den auf Herstellung eines Mindestabstands von drei Metern zwischen den beiden Gebäuden gerichteten Widerklageantrag der Beklagten - der allein noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist - hat das Berufungsgericht mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin dem Mangelbeseitigungsanspruch der Beklagten mit Erfolg den Einwand aus § 275 Abs. 2 BGB entgegensetzen könne. Zwar sei zugunsten der Beklagten eine vorsätzlich mietvertragswidrige Errichtungdes Neubaus zu unterstellen. Der Erfolg der erstrebten Mangelbeseitigung stehe jedoch in keinem Verhältnis zum Aufwand der Mangelbeseitigung, der sich wegen des dafür erforderlich werdenden Teilabrisses des neu errichteten Gebäudes zumindest auf einen namhaften sechsstelligen Betrag belaufe. Zwischen dem Mangelbeseitigungsaufwand und dem Mangelbeseitigungserfolg bestehe daher ein krasses Missverhältnis, zumal von den Beeinträchtigungen nicht zentrale Wohnräume, sondern allein Funktionsräume betroffen seien. In die wertende Gesamtbetrachtung sei einzubeziehen, dass die Beklagte den Baufortschritt hingenommen habe, ohne die Klägerin auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen." (Rdnr. 5)

Der BGH beanstandete diese Wertung nicht:

"Entgegen der Auffassung der Revision führt es nicht zum Verlust der Einrede aus §275 Abs.2 BGB, dass die Klägerin den zum Mangel der Mietsache führenden Umstand (Errichtung des Neubaus direkt an der Grundstücksgrenze) vorsätzlich herbeigeführt hat.

Nach dem Gesetz ist bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat (§ 275 Abs. 2 Satz 2 BGB). Die Vorschrift des § 275 Abs. 2 BGB schließt es mithin nicht aus, dass es Umstände geben kann, unter denen sich auch ein Schuldner, der das Leistungshindernis vorsätzlich herbeigeführthat, mit Erfolg auf die Einrede berufen kann.

Auch der von der Revision zitierten Rechtsprechung des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs lässt sich nicht entnehmen, dass einem vorsätzlich handelnden Schuldner die Berufung auf die Einrede in jedem Fall verwehrt wäre. Der V. Zivilsenat hat lediglich ausgeführt, dass die nach § 275 Abs. 2 BGB gebotene Abwägung bei einem Anspruch auf Beseitigung eines grob fahrlässig (und erst recht eines vorsätzlich) errichteten Überbaus in der Regel dazu führen wird, dass die Einrede zu versagen ist (BGH, Urteil vom 18. Juli 2008 -V ZR 171/07, NJW 2008, 3123Rn. 23)." (Rdnrn. 7 - 9)

(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))


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