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  • AutorenbildFachanwalt für Arbeitsrecht Michael Kügler

BAG, 16.07.2015 - 2 AZR 15/15: Zur Betriebsratsanhörung bei krankheitsbedingter Kündigung

In einer Entscheidung vom 16.07.2015 hatte sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit den Anforderungen an die Anhörung des Betriebsrates bei einer krankheitsbedingten Kündigung zu befassen.

Hintergrund der Entscheidung bildete die Kündigungsschutzklage eines langjährig beschäftigten Arbeitnehmers gegen eine krankheitsbedingte Kündigung.

Der Arbeitnehmer, der rechtzeitig innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG ab Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhoben hatte, griff die Kündigung unter verschiedenen Gesichtspunkten an: Er rügte unter anderem, dass der Arbeitsgeber den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß in das Kündigungsverfahren einbezogen hatte.

Denn nach § 102 Abs. 1 BetrVG gilt:

"(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam."

Die Vorinstanzen hatten unterschiedlich entschieden. Auch das BAG war zu einer endgültigen Entscheidung noch nicht in der Lage und musste die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.

Maßgeblich hierfür waren folgende Erwägungen:

Grundsätzlich ist eine Anhörung des Betriebsrates nur dann fehlerhaft und die Kündigung damit unwirksam, wenn die zu Lasten des Arbeitnehmers erfolgte Information vom Arbeitgeber an den Betriebsrat

"bewusst falsch oder irreführend erfolgte." (Rdnr. 12).

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Denn der Betriebsrat soll durch die Information in die Lage versetzt werden,

"zugunsten des Arbeitnehmers auf den Arbeitgeber einzuwirken. Der Betriebsrat soll die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe überprüfen und sich über sie eine eigene Meinung bilden können." (Rdnr. 14)

Dagegen soll der Betriebsrat nicht - wie etwa das Arbeitsgericht - eine selbstständige, objektive rechtliche Prüfung der Kündigung vornehmen.

Daher muss der Arbeitgeber grundsätzlich nur

"die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben." (Rndr. 15)

In diesem Sinne sei die Anhörung nämlich "subjektiv determiniert", d.h. Inhalt und Umfang der Information des Arbeitgebers erfolgen aus dessen Sicht.

Daraus folgt zweierlei (Hervorhebung nicht im Original):

"Schildert er dem Betriebsrat bewusst einen unrichtigen oder unvollständigen - und damit irreführenden - Kündigungssachverhalt, der sich bei der Würdigung durch den Betriebsrat zum Nachteil des Arbeitnehmers auswirken kann, ist die Anhörung unzureichend und die Kündigung unwirksam." (Rdnr. 16)

Und:


"Eine zwar vermeidbare, aber unbewusst erfolgte, „bloß“ objektive Fehlinformation führt dagegen für sich genommen nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung" (Rdnr. 17)

Die Anhörung des Betriebsrates kann daher - objektiv, d.h. aus Sicht eines gleichsam allwissenden Dritten - fehlerhaft sein, ohne dass der Fehler auf die Wirksamkeit der Kündigung durchschlägt!

Allerdings macht das BAG in der vorliegenden Entscheidung auch eine wichtige Einschränkung zugunsten des Arbeitnehmers: Demnach sind objektive Umstände, die sich zugunsten des Arbeitnehmers auswirken können, auch dann mitzuteilen, wenn sie aus Sicht des Arbeitgebers für seinen Kündigungsentschluss nicht maßgeblich sind:

"Der Arbeitgeber darf ihm bekannte Umstände, die sich bei objektiver Betrachtung zugunsten des Arbeitnehmers auswirken können, dem Betriebsrat nicht deshalb vorenthalten, weil sie für seinen eigenen Kündigungsentschluss nicht von Bedeutung waren (BAG 23.Oktober 2014 -2AZR 736/13-Rn.15; 6.Oktober 2005 -2AZR 280/04-zu BII2a der Gründe). In diesem Sinne ist die Betriebsratsanhörung - ausgehend vom subjektiven Kenntnisstand des Arbeitgebers - auch objektiv, dh. durch Sinn und Zweck der Anhörung determiniert." (Rdnr. 19).

Angewendet auf den vorliegenden Fall ergab sich insoweit Folgendes:

Die Parteien stritten darum, inwieweit und mit welchem Kenntnisstand des Arbeitgebers dem Betriebsrat fehlerhaft mitgeteilt worden war, dass der Arbeitnehmer eine bestimmte Therapie "abgebrochen" habe. Dies wird nun durch das Landesarbeitsgericht aufzuklären sein, wobei der Arbeitgeber für eine etwaige Gutgläubigkeit bei der Erteilung fehlerhafter Information die Beweislast trage.


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