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  • AutorenbildFachanwalt für Arbeitsrecht Michael Kügler

BAG, 20.01.2015 - 9 AZR 860/13: Zur Schriftform bei Ablehnung eines Teilzeitverlangens

Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 20.01.2015 bedarf die Ablehnung eines Teilzeitverlangens im Sinne des § 8 Abs. 1 TzBfG der Schriftform (§ 126 BGB).

Im entschiedenen Fall hatte eine in Elternzeit befindliche Arbeitnehmerin am 21.09.2011 per E-Mail ein Teilzeitverlangen mit Wirkung ab dem 11.06.2012 an ihre Arbeitgeberin gerichtet:

„… nach reiflicher Überlegung sind wir nun zu dem Entschluss gekommen, dass ich 5 x 6 Stunden, also von 8:00 bis 14:00 Uhr arbeiten möchte. Eine Pause würde ich dann nicht machen (braucht man ja nicht, wenn man nur 6 Stunden arbeitet).

Bezüglich der Elternzeitverlängerung habe ich momentan vor, am 11. Juni 2012 wiederzukommen.

Ich hoffe, dass das auch Bs Vorstellungen entspricht und warte auf seine/Ihre Rückmeldung.“ (Rdnr. 3)

Der Geschäftsführer der Arbeitgeberin lehnte das Teilzeitverlangen in einem Gespräch ab.

Symbolbild Mutter mit Kind

(Symbolbild)

Nach Rückkehr aus der Elternzeit kam es zwischen den Arbeitsvertragsparteien zum Streit über die Länge der Arbeitszeit.

Die Arbeitnehmerin erhielt zudem eine Abmahnung und eine Änderungskündigung, die sie unter Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung annahm.

Die Arbeitnehmerin beantragte zuletzt:

1.

festzustellen, dass ihre Arbeitszeit sich gemäß § 8 Abs. 2 TzBfG auf 30 Stunden pro Woche verringert hat und die geschuldete Arbeit an fünf Arbeitstagen jeweils sechs Stunden in der Zeit von 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr zu leisten ist,

2.

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin auf 30 Stunden pro Woche bei einer Verteilung dieser Arbeitszeit auf montags bis freitags von 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr zuzustimmen,

3.

die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung mit Datum vom 19. Juni 2012 aus ihrer Personalakte zu entfernen, und

4.

festzustellen, dass eine Änderung der Arbeitsbedingungen durch die ordentliche Änderungskündigung vom 28. Juni 2012 zum 30. September 2012 sozial ungerechtfertigt ist.

Die Arbeitnehmerin war gerichtlich erfolgreich.

Das BAG führte insbesondere Folgendes aus:

Es lag ein wirksames Teilzeitverlangen vor:

"Das Verringerungsverlangen eines Arbeitnehmers nach § 8 Abs. 1 TzBfG ist eine auf die Änderung des Arbeitsvertrags gerichtete Willenserklärung iSd. Rechtsgeschäftslehre des BGB. Das Änderungsangebot (§ 145 BGB), das dem Arbeitgeber spätestens drei Monate vor Beginn der begehrten Arbeitszeitreduzierung zugehen muss (§ 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG), muss nach allgemeinem Vertragsrecht regelmäßig so konkret sein, dass der Adressat des Angebots dieses mit einem einfachen 'Ja' annehmen kann. Der Inhalt eines zwischen den Parteien zustande kommenden Änderungsvertrags muss feststehen (vgl. BAG 16. Oktober 2007 - 9 AZR 239/07 - Rn. 20 mwN, BAGE 124, 219). Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer sein Änderungsangebot ausdrücklich als Teilzeitantrag bezeichnet." (Rdnr. 19)

Es bedurfte keiner besonderen Form und erfolgte rechtzeitig drei Monate vor dem gewünschten Teilzeitbeginn:

"Das form- und fristgerechte Angebot der Klägerin ist hinreichend bestimmt. Es nennt neben dem Beginn der Teilzeittätigkeit den verbleibenden Umfang der Arbeitszeit und deren gewünschte Verteilung. Der Antrag der Klägerin, der keiner besonderen Form bedurfte, ging der Beklagten mehr als drei Monate vor dem gewünschten Beginn der Teilzeit zu." (Rdnr. 21)

Da die Arbeitgeberin das Teilzeitverlangen nicht rechtzeitig schriftlich ablehnte, trat die Zustimmungsfiktion ein:

"Die Beklagte lehnte den Teilzeitantrag nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Teilzeitbeschäftigung ab, sodass sich die Arbeitszeit in dem von der Klägerin gewünschten Umfang verringerte (§ 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG) und die von ihr begehrte Verteilung der Arbeitszeit als festgelegt gilt (§ 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG). Infolge der Fiktion muss sich die Beklagte so behandeln lassen, als hätte sie der angetragenen Vertragsänderung zugestimmt (vgl. BAG 15. November 2011 - 9 AZR 729/07 - Rn. 30 mwN)." (Rdnr. 22)

Die mündliche Ablehnung war formunwirksam, da die Ablehnung nach dem Gesetz der Schriftform des § 126 BGB bedarf:

"Die Ablehnung des Teilzeitwunschs, die der Geschäftsführer der Beklagten B zu einem vom Landesarbeitsgericht nicht näher festgestellten Zeitpunkt der Klägerin gegenüber mündlich zum Ausdruck brachte, ist wegen Formmangels nichtig (§ 125 Satz 1 BGB). Sie entspricht nicht der vom Gesetz in § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG angeordneten Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB)." (Rdnr. 23)

Eine spätere schriftliche Ablehnung konnte die Monatsfrist nicht mehr wahren:

"Die Ablehnung, die die Beklagte in ihrem Schreiben vom 11. Juni 2012 erklärte, erfolgte verspätet. Zum Zeitpunkt, zu dem der Klägerin das Schreiben zuging, war die Monatsfrist des § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG bereits abgelaufen." (Rdnr. 28)

Die der Arbeitnehmerin erteilte Abmahnung war im vorliegenden Fall aus der Personalakte zu entfernen.

Die auf Herbeiführung der Vollzeittätigkeit gerichtete Änderungskündigung war wegen Missachtung der Wertungen des TzBfG sozial unwirksam:

"Beabsichtigt der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung, den Rechtszustand herbeizuführen, der vor der Reduzierung der Arbeitszeit nach § 8 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 TzBfG bestand, sind die Wertungen des TzBfG zu beachten." (Rdnr. 37)

(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))


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