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  • AutorenbildFachanwalt für Mietrecht/WEG-Recht Michael Kügler

BGH, 04.02.2015 - VIII ZR 154/14: Rechtsmissbrauch bei der Kündigung wegen Eigenbedarfs?

Der für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hatte sich in seinem Urteil vom 04.02.2015 mit der Frage zu befassen, unter welchen Umständen eine auf den Wohnbedarf heranwachsender Kinder gestützte Eigenbedarfskündigung wegen Rechtsmissbrauchs rechtsunwirksam ist.

Hintergrund der Entscheidung bildete ein am 14.04.2011 zwischen Vermieter (Kläger) und Mieterin (Beklagte) abgeschlossener Mietvertrag über eine Zweizimmerwohnung. Unter dem 28.02.2013 kündigte der Kläger das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zum 31.05.2013.

In der Begründung der Eigenbedarfskündigung führte der Vermieter an, dass:

"seine 20 Jahre alte Tochter, die nach ihrem Abitur einen Auslandsaufenthalt angestrebt habe und sich derzeit in Australien befinde, [...] am 18. Juli 2013 nach Deutschland zurückkehren und danach eine Arbeitsstelle bei dem Unternehmen W. in F. antreten sowie ein berufsbegleitendes Studium an der Berufsakademie in M. aufnehmen [werde]. Sie sei deswegen an den Kläger mit dem Wunsch herangetreten, eine eigene abgeschlossene Wohnung zu beziehen. Vor ihrem Auslandsaufenthalt habe sie ein Zimmer bei ihren Eltern bewohnt." (Rdnr. 2)

Die Beklagte wandte u.a. ein, dass dieser vom Kläger behauptete Eigenbedarf bereits bei Abschluss des Mietvertrages für ihn vorhersehbar gewesen sei.


Symbolbild familiärer Eigenbedarf

(Symbolbild familiärer Eigenbedarf)


Das Berufungsgericht (Landgericht Mannheim) folgte dieser Argumentation und hielt die Kündigung daher für unwirksam.

Nicht so aber der BGH:

"Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die vom Kläger am 28. Februar 2013 ausgesprochene Eigenbedarfskündigung nicht wegen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) unwirksam. ..." (Rdnr. 16)

Der BGH verkennt hierbei nicht, dass die Rechtsprechung des Landgerichts sich auf eine verbreitete Auffassung stützen kann:

"Die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung entspricht zwar einer in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum weit verbreiteten Meinung, die vom Vermieter, der einen unbefristeten Mietvertrag abschließen will, verlangt, eine vorausschauende Prüfung über das künftige Entstehen eines Eigenbedarfs anzustellen (so genannte "Bedarfsvorschau"), wobei meist in Anlehnung an die nach altem Recht bei Zeitmietverträgen geltende Höchstfrist (§ 564c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB aF) auf einen Bedarfszeitraum von fünf Jahren abgestellt wird." (Rdnr. 19)

Ausdrücklich wendet sich der BGH gegen das Erfordernis einer vermieterseitigen "Bedarfsvorschau":

"Die Stimmen in der Instanzrechtsprechung und in der Literatur, die dem Vermieter in unterschiedlichen Ausprägungen die Verpflichtung auferlegen, eine 'Bedarfsvorschau' anzustellen, und ihm ein rechtsmissbräuchliches Verhalten schon dann anlasten, wenn er einen sich mehr oder minder abzeichnenden künftigen Eigenbedarf nicht in Betracht zieht, verkennen den auf Missbrauchsfälle beschränkten Charakter des widersprüchlichen Verhaltens und ersetzen diesen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit langem ausgeformten Tatbestand durch allgemeine Billigkeitserwägungen." (Rdnr. 23)

Der Vermieter muss keine Bedarfsschau vornehmen, ein bloß erkennbarer späterer Bedarf schadet ihm nicht:

"Gemessen an diesen Maßstäben liegt in den Fällen, in denen ein Vermieter einen unbefristeten Mietvertrag wegen eines nach Vertragsabschluss entstandenen Eigenbedarfs kündigt, kein Rechtsmissbrauch vor, wenn das künftige Entstehen des Eigenbedarfs zwar im Rahmen einer 'Bedarfsvorschau' zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erkennbar gewesen wäre, der Vermieter aber zu diesem Zeitpunkt weder entschlossen war, alsbald Eigenbedarf geltend zu machen, noch ein solches Vorgehen erwogen, also ernsthaft in Betracht gezogen, hat." (Rdnr. 27)

Der BGH sieht sich dabei auch im Einklang mit dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG):

"Soweit das Bundesverfassungsgericht dabei verschiedentlich ausgesprochen hat, eine Kündigung wegen Eigenbedarfs dürfe nicht aus Gründen erfolgen, die bereits bei Abschluss des Mietvertrags vorgelegen hätten (BVerfGE 79, 292, 308 f.; BVerfG, NJW-RR 1993, aaO), sind damit ausschließlich - wie die sich daran anschließenden Ausführungen jeweils zeigen - die Fälle der beabsichtigten oder zumindest erwogenen Eigennutzung gemeint." (Rdnr. 36)

(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))


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