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  • AutorenbildFachanwalt für Mietrecht/WEG-Recht Michael Kügler

BGH, 06.05.2015 - VIII ZR 161/14: Zur Haftung des Vermieters bei Legionellen im Trinkwasser

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich am 06.05.2015 mit einem Fall zu befassen, in dem die Klägerin, nämlich die Alleinerbin (Tochter) des während des Rechtsstreits verstorbenen, vormaligen Mieters, Ansprüche gegen den Vermieter mit der Behauptung geltend machte, dass ihr verstorbener Vater aufgrund bakteriell verseuchten Trinkwassers in den Leitungen der Mietwohnung (Legionellen-Befall) erkrankt sei.

Hintergrund des Falles bildete der Umstand, dass der vormalige Mieter im Jahre 2008 an einer durch Legionellen hervorgerufenen Lungenentzündung erkrankte. In diesem Zusammenhang wurde behördlicherseits in der Wohnung des Klägers und im Keller des Mietshauses ein starker Legionellen-Befall festgestellt.


Symbolbild Wasserhahn

(Symbolbild Wasserhahn)


Die Tochter warf dem Vermieter vor, dass dieser seine Pflicht zur regelmäßigen Kontrolle des Trinkwassers verletzt und dadurch die Erkrankung ihres Vaters ausgelöst habe. Daher begehre sie Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 23.415,84 €.

Die Klage war erst- und zweitinstanzlich ohne Erfolg.

Auf die Revision zum BGH hin wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Dabei führte der BGH ausdrücklich aus, dass auch für die Zeit vor der zum 01.11.2001 in Kraft getretenen Bestimmung des § 14 Abs. 3 Trinkwasserverordnung (TrinkwV), wonach Vermieter unter gewissen Umständen gesetzlich normierte Überprüfungspflichten für ihr Wasserversorgungssystem treffen, eine vermieterseitige Pflichtverletzung unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflichtverletzung in Betracht kommt:

"Zutreffend sind die Vorinstanzen allerdings davon ausgegangen, dass der Klägerin grundsätzlich vertragliche und deliktische Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zustehen können, wenn die Erkrankung des Vaters durch eine Pflichtverletzung der Beklagten bei der Trinkwasserversorgung des Wohnhauses verursacht worden ist. Nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachvortrag der Klägerin entsprach die - überdimensionierte und teilweise keine zur Verhinderung eines Legionellenwachstums erforderliche Temperatur erreichende - Warmwasseraufbereitungsanlage in dem Wohnhaus den Erfordernissen der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) nicht und war seit acht Jahren nicht mehr gewartet worden. Eine - von den Vorinstanzen unterstellte - Pflichtverletzung der Beklagten, die unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Vermieters auch für die Zeit vor dem am 1. November 2011 erfolgten Inkrafttreten der in § 14 Abs. 3 TrinkwV gesetzlich normierten Pflicht des Vermieters zur Untersuchung des Trinkwassers auf Legionellen in Betracht kommt (...), ist daher auch im Revisionsverfahren zugrunde zu legen." (Rdnr. 8)

Der Mieter muss grundsätzlich den Vollbeweis dafür führen, dass er durch eine derartige Pflichtwidrigkeit geschädigt wurde (haftungsbegründende Kausalität):

"Entgegen der Auffassung der Revision ist das Berufungsgericht allerdings noch zutreffend davon ausgegangen, dass es bezüglich der Infektion des Vaters durch kontaminiertes Wasser in der Mietwohnung des Vollbeweises(§ 286 ZPO) bedarf. Denn insoweit geht es um die haftungsbegründende Kausalität, für die - anders als für die haftungsausfüllende Kausalität - die Beweiserleichterung des § 287 ZPO nicht gilt." (Rdnr. 10)

Allerdings dürfen auch an den Nachweis eines solchen Beweises keine überzogenen Anforderungen gestellt werden:

"Das Gericht darf keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit bei der Prüfung verlangen, ob eine Behauptung wahr und erwiesen ist. Vielmehr darf und muss sich der Richter in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen." (Rdnr. 11)

Nach Auffassung des BGH habe aber die Vorinstanz gerade im vorliegenden Falle derartige, überzogene Erwartungen an die Beweiswürdigung gestellt:

"Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet. Seine Beurteilung beruht auf einer lückenhaften Beweiswürdigung. Zudem hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die richterliche Überzeugung überspannt; seine Ausführungen lassen besorgen, dass es entgegen den oben genannten Maßstäben den Beweis nur aufgrund fernliegender, theoretischer Zweifel als nicht erbracht angesehen hat. Im Streitfall liegt indes eine Häufung von aussagekräftigen Indizien vor, die den Schluss auf eine Ansteckung des Vaters der Klägerin durch das kontaminierte Wasser in seiner Mietwohnung nahelegen." (Rdnr. 12)

Daher war die Sache zurückzuverweisen, wobei der BGH ausdrücklich von der Möglichkeit Gebrauch machte, den Rechtsstreit an einen anderen Spruchkörper (Kammer) des Berufungsgerichts zu verweisen.

(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))


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