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  • AutorenbildFachanwalt für Arbeitsrecht Michael Kügler

LAG Schleswig-Holstein, 08.10.2015 - 5 TaBV 23/15: Betriebsrat kann Funktionspostfach verlangen

Nach einem Beschluss des Landesarbeitsgerichts (LAG) Schleswig-Holstein vom 08.10.2015 kann der Betriebsrat, sofern berechtigte Interessen des Arbeitgebers nicht entgegenstehen, von diesem die Einrichtung eines eigenen externen Funktionspostfachs verlangen und muss sich nicht auf die Nutzung eines eigenen Blogs im betriebsinternen Intranet verweisen lassen.

Im entschiedenen Fall begehrte der Betriebsrat die Einrichtung eines Funktionspostfachs, um von dort zum Beispiel die monatlichen Newsletter versenden und Erwiderungen hierauf direkt empfangen zu können.

Bisher nutzte der Betriebsrat zur Kommunikation mit der Belegschaft im wesentlichen einen Blog mit RSS-Funktionalität (RSS-feed). Der Newsletter wurde über Mailinglisten der Personalabteilung - unstreitig unzensiert - versandt.


Symbolbild Computer

(Symbolbild)


Die Arbeitgeberseite hielt die Einrichtung eines Funktionspostfachs für "nicht erforderlich" und argumentierte mit der Bestimmung des § 40 Abs. 2 BetrVG:

"(2) Für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung hat der Arbeitgeber in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen."

Arbeitsgericht (ArbG) und LAG gaben dem Betriebsrat Recht. Das LAG führte insbesondere aus, dass

"der Betriebsrat aufgrund des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums davon ausgehen [durfte], dass für die ordnungsgemäße und zuverlässige Kommunikation mit den Arbeitnehmern die Einrichtung eines eigenen, sogenannten Funktionspostfaches, erforderlich ist. Über ein solches Funktionspostfach kann er direkt über die Email-Verteiler für die Standorte K. und B. Mitteilungen an die Arbeitnehmer versenden. Zudem haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, auf die per Email übersandten Mitteilungen direkt zu antworten. Das begehrte Funktionspostfach dient mithin unstreitig den betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben des Betriebsrats und erweist sich als Kommunikationstechnik i. S. v. § 40 Abs. 2 BetrVG. Das Funktionspostfach ist unter Berücksichtigung der betrieblichen Gegebenheiten, der Interessen der Belegschaft und der Interessen der Arbeitgeberinnen, aber auch für die ordnungsgemäße Kommunikation zwischen Betriebsrat und Belegschaft erforderlich i. S. v. § 40 Abs. 2 BetrVG." (Rdnr. 36)

Die Argumentation der Arbeitgeberseite wurde zurückgewiesen:

"Die Arbeitgeberinnen haben auch kein schützenswertes Interesse vorgetragen, welches gegen die Einrichtung eines Funktionspostfaches für den Betriebsrat spricht. Unstreitig ist die Einrichtung eines Funktionspostfaches für den Betriebsrat gerade nicht mit einem technischen und/oder finanziellen nennenswerten Aufwand verbunden. Insoweit spricht die vom Betriebsrat zu beachtende Begrenzung der Kostentragungspflicht der Arbeitgeberinnen gerade nicht gegen die Einrichtung eines Funktionspostfaches. Die Arbeitgeberinnen können auch nicht damit gehört werden, dass sie allgemein bestrebt seien, die Email-Flut, die die Arbeitnehmer täglich erreiche, begrenzen zu wollen. Dieser möglicherweise berechtigte Wunsch kann indessen nicht dazu führen, den Anspruch des Betriebsrats, mit den Arbeitnehmern direkt und verlässlich kommunizieren zu können, zu begrenzen oder einzuschränken. Zudem ist der Betriebsrat nicht ursächlich für die tägliche Email-Flut, die bei den Arbeitnehmern ankommt. Denn unstreitig hat der Betriebsrat vorgetragen, dass er derzeit - über die Personalabteilung - nur ca. einmal im Monat eine Email mit dem Newsletter oder anderen Informationen an die Arbeitnehmer versendet." (Rdnr. 41)

"Dementsprechend kann festgestellt werden, dass vorliegend die Einrichtung eines Funktionspostfachs als von den Arbeitgeberinnen bereitzustellende Kommunikationstechnik den betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben des Betriebsrats dient und die Interessenabwägung sich im Rahmen des dem Betriebsrats zustehenden Beurteilungsspielraums hält. Der Betriebsrat hat bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Einrichtung eines eigenen Funktionspostfaches nicht seinen Beurteilungsspielraum überschritten. Vielmehr durfte er die Einrichtung eines eigenen Funktionspostfaches für die Kommunikation mit den Arbeitnehmern für erforderlich halten. Die Arbeitgeberinnen haben insoweit verkannt, dass dem Betriebsrat bei der Frage der Erforderlichkeit des Kommunikationsmittels ein Beurteilungsspielraum zusteht." (Rdnr. 42)

(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))


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