BAG, 22.03.2016 - 1 ABR 14/14: Zum Umfang des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats beim bEM
Mit Beschluss vom 22.03.2016 musste sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit der Frage befassen, in welchem Umfang dem Betriebsrat bei der Ausgestaltung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM) Mitbestimmungsrechte zustehen.
Hintergrund der Entscheidung bildeten die Bestimmungen des § 84 Abs. 2 S. 1 SGB IX:
"(2) Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). ..."
und des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG:
"(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
...
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
..."
(Symbolbild)
Die Betriebsparteien - Arbeitgeber und Betriebsrat - stritten über die Frage, welche Rechte der Betriebsrat bei der Ausgestaltung des bEM habe. Schließlich durchliefen sie das Einigungsstellenverfahren.
Die Einigungsstelle traf einen Spruch, wonach für die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM) die Bildung eines Integrationsteams vorgesehen war, welches sich aus je einem Vertreter des Arbeitgebers und des Betriebsrats zusammensetzte. Dieses Integrationsteam habe das bEM mit dem betroffenen Arbeitnehmer durchzuführen, konkrete Maßnahmen zu beraten und dem Arbeitgeber vorzuschlagen sowie den nachfolgenden Prozess zu begleiten.
Der Arbeitgeber war mit diesem Spruch nicht einverstanden und beschritt den Rechtsweg.
Zu Recht, wie das BAG entschied:
Die Einigungsstelle habe ihre Zuständigkeit überschritten. Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG umfasse aufgrund der Rahmenvorschrift des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nur die Aufstellung von Verfahrensgrundsätzen zur Klärung der Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden könne.
Mit der Bildung eines Integrationsteams sei die Einigungsstelle hierüber hinausgegangen.
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler)