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  • AutorenbildFachanwalt für Arbeitsrecht Michael Kügler

BAG, 22.02.2018 - 6 AZR 868/16: "Insolvenz in der Insolvenz": Sollte Verwalter nochmals kündigen?

In einem Urteil vom 22.02.2018 hatte sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit der Frage zu befassen, mit welchem Rang Ansprüche auf sog. Annahmeverzugslohn entstehen, wenn der Insolvenzverwalter in einer masseunzulänglichen Insolvenz - die Insolvenzmasse deckt zwar die Verfahrenskosten, voraussichtlich aber nicht die sonstige Masseverbindlichkeiten - das Arbeitsverhältnis nicht bzw. nur unwirksam (zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit) kündigt.

Im entschiedenen Fall war die klagende Arbeitnehmerin seit 1996 bei dem Arbeitgeber (Insolvenzschuldner), der bundesweit zahlreiche Drogeriegeschäfte betrieb, als Filialleiterin beschäftigt.

Am 28.03.2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.


Symbolbild Drogerieartikel

(Symbolbild)


Am 31.08.2012 zeigte der Insolvenzverwalter die drohende Masseunzulänglichkeit nach § 208 InsO an. Diese Bestimmung lautet (auszugsweise):

"(1) Sind die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt, reicht die Insolvenzmasse jedoch nicht aus, um die fälligen sonstigen Masseverbindlichkeiten zu erfüllen, so hat der Insolvenzverwalter dem Insolvenzgericht anzuzeigen, daß Masseunzulänglichkeit vorliegt. Gleiches gilt, wenn die Masse voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die bestehenden sonstigen Masseverbindlichkeiten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.

(2) ...."

Der Insolvenzverwalter hatte bereits zuvor das Arbeitsverhältnis der Beklagten zweifach gekündigt; diese Kündigungen wurden allerdings auf entsprechende Kündigungsschutzklagen der Beklagten durch arbeitsgerichtliche Urteile rechtskräftig für unwirksam erklärt.

Hätte der Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit das Arbeitsverhältnis sogleich nochmals gekündigt, hätte diese Kündigung frühstens zum 31.12.2012 ausgesprochen werden können.

Der Insolvenzverwalter sprach die weitere (dritte) Kündigung erst längere Zeit nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit, nämlich unter dem 16.05.2013, aus. Auch diese Kündigung wurde von der Beklagten durch Kündigungsschutzklage angegriffen. Der entsprechende Rechtsstreit wurde vergleichsweise beigelegt. Demnach endete das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.08.2013.

Die Beklagte verlangte dann vom Insolvenzverwalter für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.08.2013, also für die Zeit nach der erstmöglichen Kündigungsmöglichkeit nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit und dem Beendigungstermin gemäß arbeitsgerichtlichen Vergleich, Arbeitslohn in Form der Annahmeverzugsvergütung und zwar als sog. Neumasseverbindlichkeiten.

Hintergrund dieser Argumentation bildete der Umstand, dass Neumasseverbindlichkeiten bei Masseunzulänglichkeit ("Insolvenz in der Insolvenz") vorrangig befriedigt werden.

Die von der Klägerin gegen den Insolvenzverwalter gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg:

Das BAG verwies auf § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO:

"(1) Der Insolvenzverwalter hat die Masseverbindlichkeiten nach folgender Rangordnung zu berichtigen, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge:

1. die Kosten des Insolvenzverfahrens;

2. die Masseverbindlichkeiten, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden sind, ohne zu den Kosten des Verfahrens zu gehören;

3. die übrigen Masseverbindlichkeiten, unter diesen zuletzt der nach den §§ 100, 101 Abs. 1 Satz 3 bewilligte Unterhalt.

(2) ..."

Will der Insolvenzverwalter das Entstehen von Neumasseverbindlichkeiten vermeiden, so könne er zwar auch an einer bereits vorher erklärten Kündigung, die das Arbeitsverhältnis spätestens zu den von § 209 Abs.2 Nr.2 InsO vorgegebenen Termin beendet, festhalten. Ist diese Kündigung indes unwirksam, dann riskiere er das Entstehen von Neumasseverbindlichkeiten, sofern er nicht (nochmals) unmittelbar nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit zum frühestmöglichen Zeitpunkt (wirksam) gekündigt hat.

(Quelle: BAG, 22.02.2018, 6 AZR 868/16; Pressemitteilung Nr. 11/18)

(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))


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