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  • AutorenbildFachanwalt für Arbeitsrecht Michael Kügler

BAG, 13.12.2023 - 5 AZR 137/23: Zum Beweiswert von "passgenauen" Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen

Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitnehmer (Folge-)Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlegen, die "passgenau" die Dauer der Kündigungsfrist umfassen und bei denen der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (gleich) eine neue Beschäftigung aufnimmt. In solchen Konstellationen kann, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 13.12.2023 entschied, der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) erschüttert sein.


Im entschiedenen Fall war der klagende Arbeitnehmer bei der Beklagten seit März 2021 als Helfer beschäftigt. Am Montag, 02.05.2022 legte er eine AUB für die Zeit vom 02.05.2022 bis 06.02.2022 vor. Mit Schreiben ebenfalls vom 02.05.2022 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.05.2022. Mit Folge-AUBen vom 06.05.2022 und 20.05.2022 wurde der Kläger schließlich bis zum Dienstag, 31.05.2022 krankgeschrieben. Zum 01.06.2022 nahm der wieder arbeitsfähige Kläger bei einem anderen Arbeitgeber ein neues Arbeitsverhältnis auf.


Die Beklagte leistete keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Der Beweiswert der AUBen sei erschüttert.


Arbeitsgericht (ArbG) und Landesarbeitsgericht (LAG) gaben der auf Entgeltfortzahlung gerichteten Klage des Arbeitnehmers statt.




Die beklagte Arbeitgeberin konnte in der Revision zumindest für den Zeitraum vom 07.05.202 bis 31.05.2022 einen Erfolg erzielen:


Grundsätzlich könne ein Arbeitnehmer mit einer ordnungsgemäß ausgestellten ärztlichen AUB als gesetzlich vorgesehenem Beweismittel die Arbeitsunfähigkeit nachweisen. Der Arbeitgeber können den Beweiswert einer AUB allerdings erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlegt und ggf. beweist, die nach einer Gesamtbetrachtung Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers geben.


Zutreffend sei das LAG davon ausgegangen, dass es für den Beweiswert einer AUB, die während einer laufenden Kündigungsfrist ausgestellt wird, nicht entscheidend sei, wer wem gekündigt habe und ob eine oder mehrere Bescheinigungen vorgelegt würden. Allerdings müsse immer eine einzelfallbezogene Würdigung der Gesamtumstände vorgenommen werden.


Zum Zeitpunkt der AUB vom 02.05.2022 habe der Kläger von der ihm erst am 03.05.202 zugegangenen Kündigung noch keine Kenntnis gehabt.


Bei den beiden Folge-AUBen sei der Beweiswert allerdings erschüttert. Das LAG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass zwischen der in den Folge-AUBen festgestellten passgenauen Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit und der Kündigungsfrist eine zeitliche Koinzidenz bestanden und der Kläger unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Beschäftigung aufgenommen habe. Daber habe der Kläger für den Zeitraum 07.05.2022 bis 31.05.2022 die volle Darlegungs- und Beweislast für den Fortbestand seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit gehabt.


Der Rechtsstreit wurde daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückverwiesen.


(Quelle: BAG, Urt. v. 13.12.2023, 5 AZR 137/23; Pressemitteilung Nr. 45/23)


(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Kassel)





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