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AutorenbildRechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht Michael Kügler

BGH, 16.01.2024 - VI ZR 38/22 u.a.: Verkehrsunfall und Werkstattrisiko - Wer trägt nach einem Verkehrsunfall das Risiko einer (vermeintlich oder tatsächlich) überhöhten Werkstattrechnung?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich in mehreren Urteilen vom 16.01.2024 mit der Frage zu befassen, wer nach einem Verkehrsunfall das sog. Werkstattrisiko, also das Risiko, dass der Unfallverursacher einwendet, die von der Werkstatt gestellte Rechnung sei überhöht, trägt.


Ausgangspunkt bildete dabei die bisherige Rechtsprechung: Demnach liegt das Werkstattrisiko grundsätzlich beim Schädiger (Unfallverursacher)..Übergibt also der Geschädigte das unfallbeschädigte Fahrzeug an eine Werkstatt, so sind - sofern dem Geschädigten nicht etwa ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden trifft - die anfalenden Reparaturkosten im Verhältnis zum Schädiger auch dann zu ersetzen, wenn sie zum Beispiel aufgrund unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Vorgehensweise der Werkstatt anfallen.


Hintergrund dieser Rechtsprechung bildet letztlich der Umstad, dass es ja der Schädiger ist, der durch sein Verhalten den Geschädigten erst in die Lage gebracht hat, überhaupt eine Werkstatt in Anspruch zu nehmen.


Symbolbild Autoreparatur

(Symbolbild)


Mit seinen Urteilen vom 16.01.2024 hatte der BGH nunmehr Gelegenheit, diese Rechtsprechung weiter zu konkretisieren:


In dem Verfahren VI ZR 253/22 hat der BGH entschieden, dass das Werkstattrisiko auch dann greift, wenn - für den Geschädigten nicht erkennbar - tatsächlich nicht durchgeführte Reparaturmaßnahmen im Streit stehen. Der Geschädigte muss also grundsätzlich nicht beweisen, dass die abgerechneten Reparaturkosten objektiv erforderlich waren.


In dem Verfahren VI ZR 51/223 ging es darum, dass der Geschädigte grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass die beauftragte Fachwerkstatt keinen unwirtschaftlichen Reparaturweg einschlägt. Der Geschädigte muss nicht etwa vor Beauftragung der Fachwerkstatt ein Sachverständigengutachten einholen.


Der BGH nahm die Verfahren VI ZR 253/22, VI ZR 266/22 und VI ZR 51/23 zum Anlass, um auf eine wichtige praktische Frage einzugehen: Demnach setzt die Anwendung der Grundsätze zum Werkstattrisiko nicht voraus, dass der Geschädigte die Reparaturrechnung bereits beglichen hat. Hat er die Rechnung allerdings noch nicht gezahlt, so muss er, wenn er das Werkstattrisiko nicht selbst tragen will, die Zahlung der Reparaturkosten an die Werkstatt verlangen.


Schließlich befasste sich der BGH in den Verfahren VI ZR 38/22 und VI ZR 239/22 noch mit der Abtretungs-Problematik. Demnach lässt sich die Option des Geschädigten, sich auch bei unbeglichener Rechnung auf das Werkstattrisiko zu berufen, nicht im Wege der Abtretung auf die Werkstatt übertragen. Diesbezüglich weist der BGH auf den Rechtsgedanken des § 399 BGB hin:


"Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann oder wenn die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen ist."


Wird die Reparaturkostenforderung gleichwohl abgetreten, so trägt der Abtretungsempfänger (Zessionar) selbst das Werkstattrisiko.


(Quelle: BGH, Urteile v. 16.01.2024, VI ZR 38/22, VI ZR 239/22, VI ZR 253/22, VI ZR 266/22 und VI ZR 51/23; Pressemitteilung Nr. 007/2024 vom 19.01.2024)


(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Kassel)

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