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  • AutorenbildFachanwalt für Arbeitsrecht Michael Kügler

LAG Berlin, 20.05.2021 - 21 Sa 638/20: Mindestlohn gilt auch für außergerichtlichen Vergleich

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG Berlin) hatte sich in einem Urteil vom 20.05.2021 mit der Frage zu befassen, ob die Parteien eines Arbeitsrechtsstreits durch außergerichtlichen Tatsachenvergleich auf Mindestlohnansprüche verzichten können.


Im entschiedenen Fall war der klagende Arbeitnehmer als Landwirt bei der beklagten Arbeitgeberin beschäftigt gewesen.


Der Arbeitnehmer hatte das Arbeitsverhältnis selbst gekündigt und anschließend eine Unterbezahlung gerügt.


Symbolbild Landwirtschaft

(Symbolbild)


In der Folger kam es zu einem Gespräch zwischen dem Kläger und dem Betriebsleiter der Beklagten. Dabei wurde eine Vereinbarung über die Höhe des ausstehenden Arbeitslohnes getroffen:


„Herr B bekommt einen zusätzlichen Bruttomonatslohn von 2.046,93 € ausgezahlt. Hiermit sind sämtliche wechselseitigen Verbindlichkeiten, gleich ob bekannt oder nicht, erledigt.“


Im späteren Rechtsstreit stritten die Parteien über die Gewährung weiterer Arbeitsvergütung.


Das LAG hatte sich unter anderem mit der Frage zu befassen, ob sich die bestimmung des § 3 MiLoG auch auf die oben genannte Vereinbarung erstreckt.


§ 3 MiLoG lautet:


"Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen."


Das LAG stellte klar, dass - aus seiner Sicht - § 3 MiLoG auch außergerichtliche Tatsachenvergleiche erfasse. Dies ergebe sich aus der Schutzbedürftigkeit der Arbeitnehmer:


"bb) Höchstrichterlich noch nicht entschieden und in der Literatur umstritten ist, ob sich § 3 Satz 2 MiLoG - ebenso wie § 4 Absatz 4 TVG (Tarifvertragsgesetz) - ausschließlich auf Rechtsverzichte oder auch auf Tatsachenvergleiche bezieht, durch die der gesetzliche Mindestlohn nur mittelbar unterschritten wird. Zum Teil wird vertreten, bei einem Streit über die tatsächlichen Grundlagen des Anspruchs gehe das Bedürfnis nach einer gütlichen Einigung dem Schutzbedürfnis des oder der Arbeitnehmer*in vor, weshalb die Vorschrift auf Tatsachenvergleiche keine Anwendung finde (siehe z.B. Riechert/Nimmerjahn, MiLoG 2. Auflage Rn. 47). Andere wenden dagegen ein, es mache, was den Schutzzweck des § 3 Satz 2 MiLoG angehe, letztlich keinen Unterschied, ob der Mindestlohn durch den gezahlten Monatslohn unterschritten werde oder die geleisteten Stunden entsprechend reduziert würden


(HK-ArbR (Handkommentar Arbeitsrecht)/Däubler, 4. Auflage § 3 MiLoG Rn. 17). Berücksichtigt man, dass Arbeitnehmer*innen, die als Vergütung nur den gesetzlichen Mindestlohn erhalten, typischerweise schutzbedürftiger und letztlich auch verletzlicher sind als Arbeitnehmer*innen, auf deren Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit oder aufgrund Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 TVG normativ Anwendung findet, ist davon auszugehen, dass § 3 Satz 2 MiLoG auch für Tatsachenvergleiche gilt. Dafür spricht auch, dass der Gesetzgeber - anders als bei § 4 Absatz 4 TVG - gerichtliche Vergleiche von dem Verzichtsverbot ausgenommen und dies damit begründet hat, bei einem vor einem Gericht geschlossenen Vergleich sei ein ausreichender Schutz der Arbeitnehmer*innen vor einem ungerechtfertigten Verlust des Mindestlohnanspruchs sichergestellt (BT-Drs. (Bundestagsdrucksache) 18/1558 S. (Seite) 35)."



(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Kassel)

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