BVerfG, 06.06.2018 - 1 BvL 7/14: Befristungsrecht BVerfG stellt sich gegen Auslegung des BAG
Mit Beschluss vom 06.06.2018 befasste sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit wichtigen Fragen aus dem Befristungsrecht bzw. der dazu seitens des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ergangenen Rechtsprechung.
1.
Zunächst sprach das BVerfG aus, dass die Bestimmung des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG, also das Verbot der sachgrundlosen Befristung eines Arbeitsverhältnisses bei Vorbeschäftigung, grundsätzlich zulässig sei.
§ 14 Abs. 2 TzBfG lautet:
"(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren."
Denn der Gesetzgeber wolle insbesondere die strukturell dem Arbeitgeber unterlegenen Arbeitnehmer vor Kettenbefristungen schützen und zugleich das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform sichern. Dabei habe der Gesetzgeber einen großen Gestaltungsspielraum.
(Symbolbild)
Allerdings sei das generelle Verbot sachgrundloser Befristung bei Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber unzumutbar, wenn und soweit eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung einer strukturellen Unterlegenheit des Arbeitnehmers nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung gar nicht erforderlich ist, um unbefristete Arbeitsverhältnisse zu erhalten.
Das BVerfG nennt als Beispiele solcher Situationen etwa eine sehr lange zurückliegende Vorbeschäftigung, eine ganz anders geartete oder eine von sehr kurzer Dauer. Zu denken wäre etwa an bestimmte geringfügige Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studienzeit oder der Familienzeit, die Tätigkeit von Werkstudierenden oder die lang zurückliegende Beschäftigung von Menschen, die sich später beruflich völlig anders orientieren. In derartigen Fällen müssten die Arbeitgerichte den Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG einschränken.
2.
Das BVerfG geht dann auf die Rechtsprechung des BAG ein, wonach eine Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber bereits dann befristungsrechtlich stets unschädlich sei, wenn sie länger als drei Jahre zurückliege.
Diese (generelle) Auslegung sei verfassungsrechtlich nicht zu halten und stelle eine Überschreitung der Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung dar.
(Quelle: BVerfG, Beschluss v. 06.06.2018, 1 BvL 7/14; Pressemitteilung Nr. 47/2018 vom 13.06.2018)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))